Montag, 14. Februar 2022

Schloss Heidelberg | Allgemeines Olympische Disziplinen im Schloss? Barocker Wandteppich zeigt Eisläufer

Wintersport in den Schlössern und Klöster des Landes? Diese Verbindung drängt sich nicht auf den ersten Blick auf. Olympische Winterspiele sind eine Erfindung des 20. Jahrhunderts. Und wer ein bisschen Ahnung von Sportgeschichte hat, weiß: Wintersport wird für die vornehme Welt erst im 19. Jahrhundert ein Thema. Trotzdem haben sich sportliche Spuren in den Monumenten des Landes erhalten! Man muss sie nur zu finden wissen. Zum Beispiel im Residenzschloss Ludwigsburg.

EISLAUF IM RESIDENZSCHLOSS

Tatsächlich: Auf einem barocken Wandteppich im Alten Hauptbau von Schloss Ludwigsburg sind Menschen auf Schlittschuhen zu sehen. Wie kommt es zu diesem ungewöhnlichen Motiv in den Räumen der Residenz des Herzogs und Schloss- und Stadtgründers Eberhard Ludwig von Württemberg? Die direkte Erklärung ist ganz einfach: Viele Tapisserien des 17. und 18. Jahrhunderts gehen zurück auf Motive der niederländischen Kunst – und im wasserreichen Holland mit seinen Kanälen gehörte der Eislauf zu den üblichen Wintervergnügungen.

 

LUSTIGE GESCHICHTEN AUS DEN NIEDERLANDEN

Allerdings zeigt das gewirkte Bild, das ist gleich zu erkennen, keineswegs eine aristokratische oder fürstliche Szene, wie man sie im Schloss des Landesherrn erwarten würde. Es ist ein bäuerliches Vergnügen. Im Vordergrund ist eine Frau auf dem Eis ausgerutscht und hat ihren Krug fallen lassen. Aber beim Blick weiter nach hinten zeigen dann doch einige geschicktere Eisläufer ihre Künste. Mit solchen ländlichen und oft auch witzigen Motiven „boomte“ die niederländische Malerei im Barock. Am bekanntesten sind sicher die großen Winterbilder aus der Werkstatt der Familie Breughels. Die geschichtenreichen „Wimmelbilder“ waren auch in vornehmen Kreisen außerordentlich beliebt – und das bäuerliche Genre zog auch in den Schlössern ein.

 

RARITÄT AUS DER STUTTGARTER MANUFAKTUR

Allerdings ist der thematische Rahmen größer. Die Tapisserie gehört nämlich zu einer Serie, deren übergreifendes Thema die vier Jahreszeiten sind. Die Wirkteppiche im Residenzschloss Ludwigsburg sind zudem kostbare Raritäten, denn sie stammen möglicherweise aus einer Stuttgarter Manufaktur: 1698 hatte Herzog Eberhard Ludwig den Teppichwirker Charles Leonhard Tellier nach Württemberg geholt. Der französische Hugenotte war wegen der religiösen Verfolgungen der Zeit in der Gegend von Ansbach gestrandet. Eigentlich stammte die Familie aber aus Aubusson, einem berühmten Zentrum der Tapisserienkunst. In Stuttgart führte er viele Aufträge für den herzoglichen Hof aus. 1739 – wenige Jahre nach dem Tod von Herzog Eberhard Ludwig – endete die Zeit der württembergischen Tapisserie-Manufaktur.

 

IM ALTEN HAUPTBAU ZU ERLEBEN

Im Alten Hauptbau des Residenzschlosses hat sich der gesamte Zyklus der vier Wandbehänge erhalten. „Wir wissen aus den Inventaren, dass die Appartements des Alten Corps de Logis im Residenzschloss zur Zeit Eberhard Ludwigs mit Tapisserien ausgekleidet waren“, erklärt die Kunsthistorikerin Lara Koch, die das Ludwigsburger Schloss als wissenschaftliche Mitarbeiterin betreut. Den Raumeindruck der damaligen Zeit erlebt man bei Führungen im „Dianazimmer“, dem ehemaligen Vorzimmer des Appartements der Erbprinzessin: Hier hängen stellvertretend die „Vier Jahreszeiten“ aus der Tellier-Manufaktur.

 

WINTERSPORT IN DEN SCHLÖSSERN
Zeugnisse sportlicher Wintervergnügens in früheren Zeiten – man findet sie in vielen Monumenten der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg. Am bekanntesten ist die große Sammlung barocker Prunkschlitten im Residenzschloss Urach. Mit den aufwendig von den Hofkünstlern geschmückten Kufenfahrzeugen war die vornehme Gesellschaft des 18. Jahrhunderts im Schnee unterwegs. Und in Schloss Weikersheim in Hohenlohe findet sich an der Decke im berühmten Rittersaal eine winterliche Szene: ein prächtiger Schlitten, gezogen von einem galoppierenden Pferd, gleitet übers Eis. Und wenn man im Jagdschloss Bebenhausen die Lebensgeschichte der letzten Bewohnerin hört, dann wird es schon ganz modern: Charlotte von Württemberg, die letzte württembergische Königin, war eine sportlich aktive Frau am Beginn des 20. Jahrhunderts. Das Schifahren gehörte dazu!

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