Marktplatz in Karlsruhe, Stich von Johann Gabriel Friedrich Poppel

Mehr als hundert Jahre lang erzähltDer Schirm inder Pyramide

1889 wäre eine der Grablegen des Hauses Baden fast einem anderen Denkmal zum Opfer gefallen: die Pyramide. Eine kleine Delegation inspizierte damals den Pyramidenraum – unter ihnen Friedrich Hemberger, der Baumeister der Grabkapelle.

Porträt des Kaisers Wilhelm I.

Kaiser Wilhelm I.

Denkmal für Kaiser Wilhelm I.

Das Schicksalsjahr 1888: Nicht nur der junge Prinz Ludwig Wilhelm von Baden war in diesem Jahr gestorben, auch sein Großvater Kaiser Wilhelm I. Wie viele andere Städte auch sah die Stadt Karlsruhe vor, ihm ein Denkmal zu setzen. Man erwog, es am Marktplatz zu errichten, genau an der Stelle, wo der Karlsruher Stadtgründer Markgraf Karl Wilhelm von Baden-Durlach unter der Pyramide begraben liegt.

Die erste Begehung der Pyramide

Um die Pyramide von innen zu begutachten – bislang war sie nie betreten worden –, stieg im Juli 1889 eine kleine Gruppe von Personen hinein. Mit dabei: Großherzog Friedrich I. und Hofrat Friedrich Hemberger, jener Architekt, der zusammen mit seinem Sohn zur selben Zeit die neue Grabkapelle zu errichten begann. Den Sarg Karl Wilhelms konnte man nicht sehen, die eigentliche Gruft war zugemauert worden. Zugänglich war und ist nur der ebenerdig darüber liegende Raum, der eine Steintafel mit Stadtgrundriss enthält.

Marktplatz in Karlsruhe, Stich von Johann Gabriel Friedrich Poppel

Die Pyramide auf dem Marktplatz von Karlsruhe.

Ein ungewöhnliches Zeugnis

Den Einstieg in die Kammer hatte die Platte über dem Eingang erschwert, sie ließ sich nur mühsam öffnen. Sorgfältig machte man sie nach der Besichtigung wieder zu. Erst danach bemerkte Hemberger, dass er wohl seinen Schirm im Innern vergessen hatte … Als Zeugnis dieses Besuchs blieb der Schirm in der Pyramide erhalten. Mehr als hundert Jahre lang erzählte man sich in Karlsruhe die Geschichte vom vergessenen Schirm. Das Denkmal für Kaiser Wilhelm wurde übrigens an anderer Stelle errichtet: am Mühlburger Tor.

Die Pyramide auf dem Karlsruher Marktplatz

Die Pyramide: Grab und Denkmal zugleich.

Die zweite Begehung

1998: Im Zuge der Planungen für die U-Bahn wurde das Innere der Pyramide erneut inspiziert – Prinz Bernhard von Baden war dabei. Über eine Sonderungsbohrung in die Gruft war der leicht zerstörte Sarg Karl Wilhelms mit Knochen und Gewandstoff zu erkennen. In der begehbaren Kammer darüber lagen ein Tennisball und ein Besenstil: Sie waren wohl über die Lüftungsschlitze hineingelangt. Was fehlte, war Hembergers Schirm! Die Geschichte ist widerlegt – und damit zu einer neuen Anekdote in der Historie der badischen Grablegen geworden.

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